Kriegs und Nachkriegsgeschehen in unserer Gemeinde

Drei Familien in der Gemeinde haben je 4 Kriegstote oder durch Kriegsverletzung Verstorbene zu beklagen:

Familie Josef Ullrich in der Römerstraße
Familie Anton Pflüger in der Kleinen Straße
Familie Johann Kratzer in der Mühlstraße.

Eine Tatsache muß auch festgehalten werden:

In ein und derselben Kompanie waren unter anderem 3 Sandweiermer Bürger des Jahrgangs 1904. Sie waren bei Kriegsende 41 Jahre alt, und am letzten Kriegstag in unserem Raum passierten die Schicksale der bereits beschriebenen Bürger, Andreas Peter, August Kratzer und letzterer Emil Müller, leidet heute noch an seiner schweren Verwundung. Bei der gleichen Einheit, aber 1 Jahr älter, war der Bürger Paul Eichelberger. Er machte mit seiner Truppe den Rückzug bis Kehl mit und kam dort in Gefangenschaft. Die Liebe zur Heimat und der Wunsch heimzukehren, trieben ihn zu einem Fluchtversuch. Dieser gelang ihm nicht. Er mußte ihn mit seinem Leben bezahlen.

Am 27. August 1939 waren etwa 400 Bürger zu den Waffen gerufen worden. Etwa 40 davon kamen in eine Kompanie, darunter einige Brüder.
Es dürfte einmalig sein, 3 Brüder in einer Kompanie, ja das stimmt. Es waren Gottlieb, Stefan und Oswald Peter. Es ist nochmal gut abgegangen, aber solche extreme Tatsachen hätten schlimme Folgen haben können.

SS-Straflager

Schon einige Jahre vor dem Kriege gab es am Nordende des Oberwaldes, östlich der Wasserwerkstraße, am sogen. Langenloheck ein Arbeitsdienstlager mit einigen Baracken. Die jungen Arbeitsdienstler waren damals zum beginnenden Autobahn-Bau eingesetzt. Bei Kriegsbeginn kamen die jungen Arbeitsdienstmänner sofort zum Militär.

Damit im Autobahnbau kein Stillstand eintrat und um die nunmal vorhandenen Räumlichkeiten zu nutzen, wurden Arbeitskräfte in den vierziger und fünfziger Jahren arbeitsverpflichtet.

Im Jahre 1944 wurde das Lager in seiner bisherigen Eigenschaft aufgelöst und es entstand ein SS-Straflager für Deutsche und Menschen aus den Nachbarländern, die sich dem Regime nicht unterordnen konnten oder wollten. Es waren Österreicher, Tschechen, Polen, Jugoslawen, auch Franzosen, bzw. Elsäßer.

Mit dem Lager hatte die Gemeindeverwaltung im Grunde genommen nichts zu tun, es unterstand ausschließlich einem anderen Behördenkreis. Bei Befragungen über die Zustände im Lager war kaum etwas zu erfahren, man hält sich mit Antworten zurück.

Als die Besatzungsmacht in Sandweier einrückte, war das Lager „offen“. Bewacher und Bewachte waren ausgeflogen, die Gefangenen waren wieder freie Menschen. Sie suchten Kontakt mit der französischen Besatzung, trieben da und dort ihr Unwesen, plünderten das Lager und auch die umliegenden Bunker aus. Aber auch Ortseinwohner machten da mit.

Die französischen Kolonialsoldaten als Besatzer bekamen einige Zeit als Nachbarn eine französische Gedarmerie-Einheit, die als Bewacher und zur Eskorte des franz. Oberbefehlshabers General König eingesetzt wurde.

Expose – denken wir daran:

470 Einwohner, alle junge Menschen in den besten Jahren, wurden zum Wehrdienst gerufen, andere zur Arbeit in der Rüstungsindustrie dienstverpflichtet. Die Gemeinde hat 106 Gefallene, 28 für tot Erklärte und 21 als vermißt gemeldete Bürger zu beklagen. Wahrhaftig eine traurige Statistik, jeder dritte der Einberufenen ist vom unseligen Krieg nicht mehr heimgekehrt. Dazu weitere 8 Gefallene, die auf der Gedenktafel in der Kirche nicht erfaßt sind.

Aus russischer Kriegsgefangenschaft kamen die Mitbürger Bernhard Gieringer, Wilhelm Greulich, Paul Herr, Franz Brenneisen, Sohn des Ambros B., Konrad Ullrich, Wilhelm Matt und Fritz Schäfer, Sohn des Franz Sch. nach 5 harten, grauenvollen Jahren Ende 1949 Anfang 1950 wieder in die Heimat zurück.

Sollten wir denen, die solange ausharren mußten, nicht besonders dankbar sein?

71 Häuser der Gemeinde wurden in den Jahren 1940 und 1945 oder weniger schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein größerer Brand entstand im Anwesen des Josef Hermann in der Riederstraße. Zur Bekämpfung wurde die neu ins Leben gerufene Frauen-Feuerwehr eingesetzt, die bei diesem Brand eine Schlauchleitung bis zum Oosbach legen mußte und viel dazu beitrug, einen Großbrand zu verhindern und die Nachbarhäuser zu schützen.

Es muß besonders angeführt werden, daß in den letzten Kriegswochen alte, gesunde und kranke Bürger, die 60 Jahre und älter waren, zum Volkssturm rekrutiert wurden. Junge Buben, kaum der Schule entlassen, mußten FLAK-Helfer werden. Einige dieser Alten und Jungen kamen sogar in Gefangenschaft und mußten dabei bittere Jahre verbringen, bis sie endlich entlassen wurden und zu ihren Familien heimkehren konnten.

Weibliche Feuerwehrfrauen und Mädchen sind im Bericht schon erwähnt. Viele junge Frauen und Mädchen mußten Soldat werden, sie wurden dienstverpflichtet in Krankenhäuser und Lazarette, andere mußten zum weiblichen Arbeitsdienst, wurden Landdiensthelferin, zur Fliegerabwehr eingesetzt, oder mußten als Nachrichtenhelferin ihren Dienst tun.

Unter den zum Einsatz verpflichteten Frauen war auch die Mitbürgerin Erika Kleinhans. Sie wurde im Alter von 21 Jahren als Angehörige des Landdienstes, 4 Wochen vor Kriegsende, bei der Heimfahrt am Bahnhof Halle an der Saale, bei einem Bombenangriff getötet.

Junge und ältere Soldaten, die aus russischer Gefangenschaft entlassen wurden, haben die Franzosen in ihrer Besatzungszone wieder gefangen genommen und ins Landesinnere verschleppt, bis sie dann im Jahre 1947/48 in die Heimat zurückkehren konnten.

Am Ende meines Berichtes über die Härten, der Not, des Elends und der Trauer eines Krieges danke ich den Bürgern und Bürgerinnen, die mir ihr Wissen über die damaligen Zustände berichtet haben in der Hoffnung, daß wir künftig vor der Bitterkeit, der Not und der Leiden eines Krieges verschont bleiben.

Guido Müller†

(Quelle: Jahresrükblick Sandweier 1985)

Anm.: Die Liste der Gefallenen und Vermißten und Opfer des zweiten Weltkrieges können sie ab der Seite 141 des zweiten Heimatbuches Sandweier (Ein Hardtdorf mit Tratition und Zukunft) nachlesen.
Erhältlich beim Heimatverein Sandweier.  Für einen Sonderpreis von 15.- €.
Auch ein Geschenk zur Erinnerung an Sandweier.

Neugestaltete Ehrenmal für die Opfer von 1939 bis 1945 am Friedhof in sandweier

Neugestaltete Ehrenmal für die Opfer von 1939 bis 1945 am Friedhof in Sandweier im April 2020 ©Robert Blank

 

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