Auswanderungen aus Sandweier im 18. Jahrhundert

Auswanderungen aus Sandweier im 18. Jahrhundert

von Rektor a. D. Karl Bruckner

Jeder, der unser Heimatbuch kennt und nun die Überschrift dieses Aufsatzes liest, wird sich im ersten Moment denken, darüber ist ja dort ausführlich berichtet worden. Das ist sicher richtig. Doch hatte der Autor dieses Berichtes Guido Müller † damals nicht den Zugang zu entsprechenden Informationen, um speziell die Auswanderung zahlreicher Sandweierer Bürger und Bürgersfamilien nach Südosteuropa, insbesondere Ungarn detailliert schildern zu können.

Der pensionierte ehemalige Bundesbahndirektor Werner Hacker hat in wahrlich hervorragender Weise in seinem Werk „Auswanderungen aus Baden und dem Breisgau“ die Auswanderer des 18. Jahrhunderts auch unseres Heimatdorfes erfasst und festgehalten. So können alle Personen, die in jenen Jahren Sandweier den Rücken kehrten und in der Fremde ihr Glück suchten, hier namentlich aufgeführt werden. Leider sind insbesondere die Angaben in den Baden-Badener Akten oft recht lückenhaft. So fehlt sehr häufig der Vermerk des Zielortes bzw. Ziellandes des Auswanderers. Allerdings lässt die jeweils festzustellende allgemeine Trendlage verhältnismäßig sichere Vermutungen zu. Doch zuvor einige Überlegungen darüber, was die Auswanderer bewegt hat, ihre Heimat zu verlassen, sich einem vielleicht doch recht ungewissen Schicksal auszusetzen. Da wäre natürlich zuerst die von Österreich betriebene Werbung, wie sie im ersten Heimatbuch beschrieben ist, zu erwähnen. Anfänglich, d.h. hier in Sandweier etwa in der Mitte des I8. Jahrhunderts waren es meist ledige junge Männer, die ihr Lebensglück in der Fremde suchten. Es gab wohl mehrere Gründe, die den Entschluss dazu reifen ließen. So die lockenden Angebote der österreichischen Werber, die Angst, in die auch zu jener Zeit sehr häufigen Kriegswirren verwickelt zu werden, aber auch die Schwierigkeit, in der engeren Heimat eine Existenz zu finden. Noch war die Leibeigenschaft gültig, man konnte also nicht so ohne weiteres seinen Heimatort verlassen, sondern benötigte dazu die sogenannte „Manumission“, d.h. die Entlassung aus der Leibeigenschaft. Und die gab es, wenn überhaupt, nur gegen eine bestimmte Gebühr. Diese richtete sich meistens nach dem geschätzten Vermögen, das der Auswanderer mitzunehmen gedachte, und betrug in der Regel 5% für ledige Männer, 10% für ledige Frauen und 7 1/2% für Ehepaare. Dazu kam dann noch eine sog. „Abzugsgebühr“ d.h. ein Geldbetrag für den Wegzug. Es war also gar nicht so einfach, seine Heimat zu verlassen. Dies blieb auch so nach der Vereinigung der beiden Markgrafschaften 1771 und nach der Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1783. Es gehörte zu den Aufgaben des örtlichen Schultheißen, darüber zu wachen, dass kein Dorfbewohner ohne Genehmigung und Entrichtung der Gebühren seine Gemeinde verließ.

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