Renovationsprotokoll

Die Auflistung des Viehbestandes in unserem Dorf zeigt, daß es nur drei landwirtschaftliche Betriebe gab, die 3 Kühe im Stall stehen hatten, ansonsten waren es nur 1 oder 2 Tiere. Auch die Zahl der Pferde war recht gleichmäßig auf die einzelnen bäuerlichen Betriebe verteilt, meist 2 Pferde pro Hof. Das läßt darauf schließen, daß in jenen Jahren man sich in der Hauptsache mit dem Ackerbau beschäftigte, die Umstellung auf intensivere Weidewirtschaft erfolgte erst später.

Die Größe der „Hofraithen“ war recht unterschiedlich. Sie wird im Protokoll in „Viertel“ oder „Ruthen“ angegeben. Hier ergab sich für den Chronisten ein gewisses Problem. In der Fachliteratur ist die Rute („Ruthe“) als ein Längenmaß ausgewiesen und soll 3 m gemessen haben. Nehmen wir an, daß der Protokollschreiber die Größe der Hofreiten in (Quadrat-)Rut-hen“ notierte, so müßte demnach eine solche 9 Quadratmeter gemessen haben. In der Regel waren die Hofreiten zwischen 15 Ruthen und 1 1/2 Viertel groß. Das Viertel, heute noch als Flächenmaß gebräuchlich, bedeutet 14 Morgen. Der badische Morgen hatte 36 Ar, 1 Viertel also 9 Ar. Bei einer „Ruthe“ mit 9 Quadratmetern wäre die kleinste Hofreite nur etwa 1,35 Ar groß gewesen. Das konnte nicht stimmen. Bei der weiteren Durchsicht der Protokolleinträge war dann festzustellen, daß bei der Auflistung der Äcker auf den einzelnen Seiten bei deren Addition immer 40 „Ruthen“ ein Viertel ergaben. (40 Ruthen = 9 Ar = 9011 Quadratmeter). Somit muß also damals die Größe einer „Ruthe“ im Vergleich zur heutigen Maßeinheit 22,5 Quadratmeter betragen haben. Dies dürfte den wirklichen Verhältnissen entsprochen haben, denn nun hatte auch das kleinste Anwesen mit 15 Ruthen eine Hofreite von rund 3 1/7 Ar.

Recht interessant sind die Steuerkapitalsansätze für die Gebäude. Sie schwanken von 15 bis 60 Gulden. Der sich in großherzoglichem Besitz befindliche Schafhof mit den entsprechenden Gebäuden und einer Hofreite von 1 Morgen und 2 Vierteln Größe, also 54 Ar, war mit 80 Gulden veranschlagt. Das am höchsten, nämlich mit 100 Gulden eingeschätzte Anwesen war der „Hirsch“ mit Schmiede, damals in Besitz des Nikolaus Walter. Zweifelsohne gehörte er zu den Reichsten des Dorfes. Die an der Landstraße liegende Gastwirtschaft und auch die Schmiede brachten sicher recht ordentlichen Gewinn. Für jeden Bürger war ein sogenanntes Kopfgeld in Höhe von 100 Gulden festgelegt. Bürgerwitwen waren teilweise befreit, zum Teil mußten sie die Hälfte bezahlen.

In Sandweier gab es 1908 wie schon erwähnt zwei Metzger, weiter hatten wir zwei Schneider, vier Schuster, einen Dreher, einen Seiler, einen Küfer, vier Bäcker, einen Müller, einen Ölmüller, drei Wagner, einen Maurer und tatsächlich zehn Weber. Letzteres läßt auf einen umfangreichen Anbau von Hanf schließen, eine sog. Hanfreibe war der damaligen Mühle angeschlossen. Aber auch die Schafhaltung brachte den Webern Arbeit und Verdienst.
Hier sollte doch erwähnt werden, daß sechs der aufgezählten Weber den Familiennamen „Gratze (Kratzer) trugen. Auch diese Gewerbe wurden steuerlich veranschlagt. Das ging von 7 Gulden 30 Kreuzer bis 55 Gulden je nach Größe und Verdienst.

Seiten: 1 2 3 4


Kommentare wurden geschloßen.