Sep 30 1972

Mit dem „Holländer“ zur Olympiade 1972

Adolf Kratzer aus Sandweier „ruderte“ mit seinem Vierrad in zwei Wochen nach München

 SANDWEIER. Mit einer Geschwindigkeit von zehn Kilometern in der Stunde rollte gestern ein seltsames Gefährt über die Bundesstraße 3 in Richtung Sandweier. In gleichmäßigem Rhythmus wippten die Arme des Fahrers nach vorne und wieder, zurück. Gelegentlich hob er die linke Hand, um den Autofahrern, die ihn hupend begrüßten, zu danken. Nach den letzten hundert Metern bog er dann mit seinem Vierrad in die Gemeinde ein. Unter der weißen Schirmmütze strählte nun ein von Wind und Wetter braungegerbtes Gesicht. Er hatte es geschafft. Rudolf Kratzer war nach einer rund zweimonatigen Fahrt auf einem Prototyp eines sogenannten Holländers wieder in seiner Heimatgemeinde angelangt:

Adolf Kratzers Vehikel wird mit Muskelkraft angetrieben. Es handelt sich nämlich um einen sogenannten Holländer, der sich nach Draisenmanier fortbewegen läßt. Da sich der 61jährige nicht mehr auf die Kraft seines rechten Beines, er ist gehbehindert, verlassen kann, ist der gelernte Schneider auf die Armmuskulatur ausgewichen.

Ein Zeichner fertigte ihm die Detailpläne an, ein Schlosser in seiner Heimatgemeinde baute das Gefährt, und damit machte sich Adolf Kratzer am 17. August auf den Weg nach München zu den Olympischen Spielen. Kratzer, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, daß er in Baden-Baden als Blumenbote tätig ist, „ruderte“ über Freudenstadt, durch das Murgtal über Landsberg zwei Wochen lang bergauf – bergab und erreichte schließlich am 30. August München. Artikel weiterlesen…