Sandweierer Bürgersöhne als badische Soldaten in Spanien und Rußland
Sandweierer Bürgersöhne als badische Soldaten in Spanien und Rußland
von Dr. Kurt Hochstuhl
Die enge Anlehnung Badens an den revolutionären Nachbarn im Westen hatte dem Markgrafen von Baden im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts eine zweifache Standeserhöhung eingebracht. 1803 wurde der seit 1746 regierende Markgraf Karl Friedrich zum Kurfürsten erhoben, 1806 mit Abschluß des Rheinbundes, dem Zusammenschluß süd- und westdeutscher Staaten zu einem von Frankreich abhängigen Bündnis, wurde ihm der Großherzogtitel übertragen. Damit einher ging eine gewaltige Arrondierung des badischen Staatsgebietes, die innerhalb weniger Jahre aus einem Kleinterritorium des deutschen Südwesten einen an Bevölkerungszahl, Flächeninhalt und ökonomischer Potenz nicht unbedeutenden Mittelstaat werden ließ. Natürlich gab es dies nicht umsonst und wie so oft, mußte der „kleine Mann“ die Zeche bezahlen. Die Rechnungsbücher jeder Gemeinde aus jener Zeit sind voll von den zahllosen ordentlichen wie außerordentlichen Beiträgen, die zur Erhaltung des im Lande liegenden napoleonischen Heeres geleistet werden mußten. Über die Kriegskontributionen und die zahlreichen Naturallieferungen hinaus, die seit Jahrhunderten auf der leidgeplagten Bevölkerung des Oberrheins lasteten, wurde die verstärkte Heranziehung von Landeskindern zum Kriegsdienst als besonders schmerzlich empfunden. 1789 bestand das markgräfliche Heer aus kaum mehr als 1500 Freiwilligen. Die machtpolitischen Ambitionen Napoleons verlangten nun die Schaffung einer großen Armee zur Unterstützung und zum Einsatz auf seiten der Franzosen.
Allenthalben zogen im großherzoglichen Auftrag Werber über das Land, um das von den Franzosen eingeforderte Kontingent an Soldaten aufstellen zu können. Das Rekrutierungssystem war zu jener Zeit noch nicht ausgefeilt und hielt für clevere oder ökonomisch potente Mitglieder der Dorfgemeinschaft durchaus einige Schlupflöcher offen. Gemeinhin wurde die auf das Dorf gefallene Zahl von Soldaten durch das Los bestimmt. Gegen Entrichtung eines bestimmten Betrags konnte sich allerdings jedermann von der Verlosung freikaufen, bzw. einen entsprechenden Ersatzmann präsentieren. So waren es in der Regel Angehörige der dörflichen Unterschichten, die sich aus bitterer ökonomischer Notwendigkeit oder aber im Bewußtsein, daß nur der Militärdienst ihnen Aufstiegschancen bis hin zur gesellschaftlichen Anerkennung im Rahmen der Dorfgemeinschaft bot, zum Kriegsdienst meldeten.
Am 11. März 1805, im zarten Alter von knapp 20 Jahren, wurde der Weber Bernhard Ullrich zur damals kurfürstlichen badischen Armee gezogen. Als man im Jahre 1806 beim neugegründeten Großherzoglich Badischen Artillerie-Bataillon eine Trainkompanie errichtete, wurde ihr Bernhard Ullrich als Trainsoldat zugewiesen. Eine Trainkompanie, mit den heutigen Pioniereinheiten zu vergleichen, bestand zu jener Zeit aus einem Trainleutnant als Kompanieführer, einem Rechnungsführer, einem Munitionsexperten, dem sog. „Munitionair“, zwei Wachtmeistern (= Feldwebel), acht Korporals (= Unteroffizieren), einem Hufschmied, sechs sog. „ouvriers“, d.h. handwerklich ausgebildeten Zivilarbeitern, von denen drei Meisterstatus besaßen und drei Gesellen waren, sowie 100 Trainsoldaten, zehn Reit-, 200 Zugpferden und der entsprechenden Anzahl von Munitions- und Materialwagen.