Zeugen mittelalterlichen Ackerbaus auf Sandweierer Gemarkung

Zeugen mittelalterlichen Ackerbaus auf Sandweierer Gemarkung

von Rektor a.D. Karl Bruckner †

Wer sich im Sandweierer Heimatbuch ein wenig über die Frühgeschichte unseres Dorfes informiert, erfährt dabei, dass Sandweier als „Hardtdorf`, zwischen dem sog. Hochgestade des Rheines und dem westlichen Ufer des damaligen Landsees liegend, eine Ausbau-Siedlung von Iffezheim ist. Zweifelsohne ist Iffezheim um einiges älter als Sandweier.

Unser Dorf liegt auf der sog. „Stollhofener Platte“, ein mit Geröll, Kies und Sand aufgefülltes Gebiet, das sich von Rastatt bis Stollhofen hinzieht. Die Besiedlung dieses Landstriches erfolgte um einiges später als die des Landstreifens entlang des Hochgestades, eigentlich verständlich wegen des nicht gerade fruchtbaren Bodens. Aber dann hat man anscheinend doch eine Möglichkeit gefunden, dem Boden gewisse Erträge abzuringen durch die Anlage von so genannten Hochäckern, die nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ihrer Form wegen als „Wölbäcker“ bezeichnet werden. Und solche sind auf der Stollhofener Platte in recht umfangreichem Maße festzustellen. Diese sicherlich ziemlich eigenartige Form der Bewirtschaftung des Ackerbodens war Anlaß, eine eingehende Forschung über Vorkommen, Alter, Größe und vor allem über ihre Bedeutung anzustellen. Auf die Initiative von Herrn Karl Hauger, Rastatt, wurde von dem Institut für Landespflege der Universität Freiburg ein Arbeitskreis gebildet, der sich diese Aufgabe stellte.

Da Wölbäcker auch auf unserer Gemarkung anzutreffen sind, und zwar im Oberwald in den Bereichen Schweineweide (Sauweid) und Hirschäcker, scheint es mir angebracht, als Mitglied dieses Arbeitskreises interessierte Personen unseres Dorfes über die bisherigen Ergebnisse dieser Forschungsarbeit in Kenntnis zu setzen. Auch Dr. Brandstetter weist übrigens in seinem Sandweierer Waldbüchlein auf diese besonderen Ackerformen in den o.g. Waldgebieten hin.

Zwar sind die Forschungen keineswegs abgeschlossen, im Gegenteil. Vieles liegt noch im Dunkeln, ist z.T. begründet, aber eben doch nur Spekulation. Einige Tatsachen allerdings, die feststehen, sind es wert, veröffentlich zu werden. So ist die Entstehung dieser eigenartigen Ackerform, wie ich schon im Heimatbuch (2001) erwähnte (5.30), im Mittelalter anzusiedeln. Damit ist klar, dass der bisher oft gebrauchte Ausdruck „Keltenäcker“ nicht zutreffend ist.

Ebenso kann eindeutig festgestellt werden, dass die alte Straße von Hügelsheim nach Sandweier, unsere „Römerstraße“, älter ist als die auf beiden Seiten der Straße liegenden Wölbäcker. Sie schneidet diese nicht, sondern dient eindeutig als Ackergrenze. Die im „Fundamentum der Geschichte von Baden-Baden“, herausgegeben 1988 von der Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Staatl. Schulamt Baden-Baden, in meinem Beitrag über Sandweier ohne mein Wissen abgeänderte Behauptung, die Römerstraße würde sich mehr und mehr als eine Barockstraße entpuppen, ist demnach nicht richtig.

Wölbäcker finden wir heute nur noch in bewaldeten Gebieten, eben bei uns im Oberwald, der letztlich ein Teil des Bannwaldes ist. Doch ist zu vermuten, dass auch jetzt eingeebnete Ackerfluren in unserem Raum ehemals aus solchen Wölbäckern bestanden. Ihre Entstehung, so wird angenommen, ist der eigenartigen Benutzung des sog. Beet- oder Streichbrettpfluges zuzuschreiben, der die Ackerschollen der Mitte des Ackers zuschob. Dadurch entstand im Laufe der Zeit eben ein gewölbter Acker. Die Breite der Äcker ist verschieden, sie kann bis zu 20 m betragen. Der Höhenunterschied zwischen der als Ackergrenze dienenden Furche und der obersten Wölbung lag zwischen 50 und 80 -100 cm. Natürlich ist nach Ende der Bewirtschaftung durch Verwitterung mit der Zeit eine Angleichung erfolgt. Nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung kam vermutlich eine längere Zeit des Brachliegens, bis dann die Bepflanzung mit Kiefern und Buchen erfolgte. Daher das schon erwähnte Vorkommen der

Wölbäcker in Waldgebieten. Aber auf die frühere bäuerliche Nutzung weisen Flurnamen wie „Hirschäcker“ im Oberwald hin. Die Bezeichnung „Sauweide“ verdankt dieser Distrikt des Oberwaldes den dort vorhandenen Eichen und Buchen, deren Früchte (Eicheln und Bucheckern) für Schweine ein beliebtes Futtermittel waren, dieses Waldgebiet daher als Weideplatz für die in unserer Gemeinde vorhandenen von einem Schweinehirten betreuten Tiere diente.

So viel über dieses auch aus heimatgeschichtlicher Sicht interessante Gebiet. Vielleicht kann damit die eine oder andere Frage Aufklärung finden. Wer sich genauer informieren will, sollte das Heimatbuch 2001 des Landkreises Rastatt erwerben. Es beinhaltet u.a. einen ausführli­chen Artikel von Karl Hauger, Renate Riedinger und Dr. Benoit Sittler: „Wölbäcker im Landkreis Rastatt – Auf den Spuren mittelalterlichen Ackerfluren“. Er zeigt auch auf, dass so vieles noch weiterer intensiver Forschungsarbeit bedarf. Die Bedeutung dieses Forschungsprojektes wird unterstrichen durch die im Arbeitskreis mitarbeitenden Persönlichkeiten aus allen einschlägigen Bereichen, wie Forst, Archäologie, Geologie, Botanik usw. Aber auch die Heimatvereine der betroffenen Gemeinden sind angesprochen.

Deshalb kann dieses Projekt uns als Heimatforscher nicht unberührt lassen und läßt sicher auch manchen heimatkundlich Interessierten aufmerken. Denn diese seltene Erscheinung bäuerlicher Wirtschaft ist sowohl historisch als auch gesellschaftlich und kulturell von großer Bedeutung. Nicht nur Bauten sondern auch Landschaftsformen aus jener Zeit sollten erhalten und geschützt werden.


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