Nicht mehr existierende Handwerke und Berufe

Milchhändler

Bis in die dreißiger Jahre existierten noch die Milchhändler, die Milch nach Rastatt, aber hauptsächlich nach Baden-Baden direkt an die Verbraucher verkauften. Die letzten Milchhändler waren Karl Ullrich und Josef Schindler. Vor dem 1. Weltkrieg waren es derer sogar vier oder fünf.

Die Milch direkt an Privatleute zu verkaufen, wurde von Regierungsseite verboten. In allen größeren Städten, so auch in Baden-Baden, wurden sogenannte Milchzentralen eröffnet, die die angefahrene Milch sofort sterilisierten und in Flaschen verpackt über Milchgeschäfte an den Verbraucher weitergaben.

In unserer Gemeinde wurde zur Durchführung dieses Programmes eine allgemeine Sammelstelle eröffnet, von der aus der gute, überaus gefällige Bürger Alois Kleinhans Milch Tag für Tag mit dem Pferdefuhrwerk nach Baden-Baden beförderte.

Hafner – Töpfer

Jahrzehnte hatten wir auch einen selbständigen Hafner (Töpfer) in der Gemeinde. Es war Leo Peter in der Friedhofstraße (heute Iffezheimer Straße). Er versorgte mit irdenem, selbst hergestelltem Geschirr die Bevölkerung der gesamten Umgebung und war auf den Märkten, auch Jahrmärkten, um seine Ware abzusetzen. Neue Gebrauchsgegenstände für Küche und Haus, hergestellt aus modernen Kunststoffen, haben den Beruf weitgehend überflüssig gemacht.

Kunststein- Herstellung

Nach dem 1. Weltkrieg waren es Karl und Wendelin Brenneisen sowie die Firma Peter & Mühlfeit, die Betonkunststeine herstellten. Beide Firmen existieren nicht mehr. Der Natursteinbetrieb Hugo Brenneisen ist aus der Firma Karl und Wendelin Brenneisen her­vorgegangen. Der Betrieb steht in hoher Blüte und hat Großlieferungen überall hin.

Spargelanbau etwa ab 1912

Wenige Jahre vor dem 1. Weltkrieg wurde von Bürgern der Spargelanbau begonnen. Es waren Valerian Kinz, Anton Eichelberger und Anton Müller, nachfolgend Josef Müller. Der Anbau am Wittweg wurde bald wieder eingestellt. Nur Josef Müller verlegte den Anbau fast bis zu seinem Tode im Jahre 1976 in die Hurst, wo sich ein geeigneter lockerer Boden für das Spargelgemüse vorfand.

Tabakanbau 1928

In den schlechten Zeiten der zwanziger und dreißiger Jahre wurde mehr und mehr nach neuen Erwerbsquellen gesucht, und man hat diese im Tabakanbau auch gefunden.

Es waren mindestens 20 Landwirte im Ort, die Tabak anpflanzten, und man kann sagen, mit verhältnismäßig gutem Erfolg.

Sonst hätte man es nicht schaffen können, eine eigene Trockenanlage, allerdings mit Zuschüssen, zu errichten. Als dann in den fünfziger Jahren das Geld wieder leichter und besser zu verdienen war, besann man sich, einen angenehmeren Arbeitsplatz zu wählen. Und somit hat der Tabakanbau sein Ende gefunden. Der letzte Anbauer war der Malermeister Wilhelm Ullrich. Die Trockenanlage wurde von der Gemeinde zu einem Mietshaus umgebaut.

Keltereien

Franz Herr,                         Römerstraße, heute Zimmergeschäft Wilfried Kratzer. In die­sem Haus war ehemals auch die Ölmühle.

Christian Herr,                   Römerstraße, Mahlsteine und Trotte stehen heute noch ohne Benutzung.

Rafael Ullrich,                    Kleine Straße

Gottfried Schäfer,              Sandweierer Straße, ( Anm.: gibt es nach einem Brand nicht mehr.)

Küfer

Mit den Keltern eng verbunden sind die Küfer. 1874 eröffnete Alex Peter in der Römerstraße eine Küferei. Fässer, Kübel und Zuber wurden gefertigt und Reparaturen durchgeführt. Als Küfer arbeiteten noch Hermann Blank und Rafael Ullrich. Die neuartigen Werkstoffe und Fertigerzeugnisse, die auf diesem Sektor angeboten werden, haben diesen Beruf, wie manche andere, verdrängt.

Putzmacherinnen

Vor etwa 60 Jahren hatte Frau Katharina Frank geb. Beyer in der Sandweierer Straße 20 ein blühendes Geschäft. Sie war die letzte Fertigerin der sonntäglichen Kopfbedeckun­gen für die „Sondwierer Wüber“.

Das Wagnerhandwerk

hatte in der Gemeinde einen goldenen Boden. Als in den dreißiger Jahren Sand und Kies nicht mehr mit Pferdefuhrwerken befördert wurden und auch die Landwirtschaft mehr und mehr zurück ging, mußte der Beruf aussterben.

Schuhmacher

Die Finger einer Hand reichten nicht, die Schuhmacher im Ort aufzuzählen. Heute verfügt die nahezu 4000 Einwohner zählende Gemeinde über keinen Schuhmacher mehr.

Tierheilkundiger

Bis in die 30er Jahre hatten wir einen wirklichen Nothelfer in der Gemeinde. Es war Ludwig Merkel in der Pfarrstraße – Merkellui -. Die Tierärzte waren zu jener Zeit nur in Baden-Baden oder Rastatt zu erreichen und so war es ein Segen, daß jemand im Ort ansässig war, der zu jeder Tag- und Nachtstunde bereit war zu helfen. Hauptsächlich durch Lektüre hatte er sich ein ausgezeichnetes Wissen in der Tierheilpraktik angeeignet. Die Bürgerschaft der Gemeinde war froh, einen derart hilfsbereiten Menschen im Dorf zu haben.

Die Schmiede

Zur Jahrhundertwende hatten wir noch 5 Schmiede im Ort. Unter denselben Umständen wie bei den Wagnern mußten auch sie nach und nach ihr Handwerk aufgeben. Einer war Schmiedemeister Quirin Hermann.             

G.M.

Quelle: Erstes Heimatbuch Sandweier, Seite 241

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